Bei den Ausgrabungen des mittelalterlichen jüdischen Viertels in Köln seit 2007 fanden Archäolog*innen zahlreiche Schiefertafeln mit Graffiti. Bis heute konnten über 500 beschriebene Fragmente in einem Projekt des Seminars für Judaistik an der Goethe Universität Frankfurt (2019–2021) bearbeitet werden. Ein großer Teil dieser Tafeln lag in einer Fundschicht, die nach dem Brand des jüdischen Viertels im Zuge des sogenannten Pestpogrom 1349 entstand. Diese in ihrer Menge an einem Ort weltweit einzigartigen Schiefertafeln liefern zahlreiche Informationen über das mittelalterliche Alltagsleben: Schreibübungen für Schüler auf Hebräisch, Zeichnungen von Ornamenten, Tieren und Karikaturen, Namenslisten mit kleinen Geldsummen und ein Teil einer Rittererzählung auf Jiddisch. Dank der Namenslisten wissen wir, wer in dieser Zeit im jüdischen Viertel in Köln wohnte.
Die Bewohner*innen beschrifteten den Schiefer mit einem spitzen, harten Instrument, dem Griffel. Dieser konnte aus Metall oder Schiefer sein. Zum Beschreiben nutzten sie Dachschieferplatten (erkennbar am Nagelloch) oder -bruchstücke. Diese wurden manchmal mehrfach beschrieben und waren nicht zum langfristigen Gebrauch gedacht.
Zeitstrahl Köln
- ↑ Der Jüdische Friedhof in Köln-Bocklemünd – 9. November 2010
- ↓ Das Kontingentflüchtlingsgesetz, Herby Sachs und das jüdische Leben in Köln – 9. Januar 1991