Die Ausgrenzung, Verfolgung und Vertreibung der jüdischen Gemeinschaft begannen in Halle bereits vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Tage vor dem „reichsweiten“ Boykott wurden hier bereits jüdische Geschäfte, Praxen und Wohnungen zerstört und geplündert.
Während viele jüdische Hallenser:innen die Synagoge vor 1933 oft nur noch an hohen Feiertagen besuchten, wurde sie jetzt wieder verstärkt Zufluchtsort für die Glaubensgemeinschaft. 1937 fand hier die letzte Bar-Mizwa-Feier statt. In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 wurde die Synagoge Halles und das Gemeindehaus gestürmt, geplündert und niedergebrannt. Ein Teil der männlichen Gemeindemitglieder wurde in die Konzentrationslager Buchenwald und Sachsenhausen interniert. Die durch die Brandstiftung völlig zerstörte Synagoge musste auf Anweisung der Stadtverwaltung auf Kosten der Gemeinde bis zu den Grundmauern vollständig abgetragen werden. Der alte jüdische Friedhof am Töpferplan musste ebenfalls durch die jüdische Gemeinde beräumt werden. Fast 400 Grabsteine wurden durch Gemeindemitglieder, zum Teil mit Handwagen, auf den neuen Friedhof in der Boelckestraße (heute Dessauer Straße) gebracht. Die dortige Trauerhalle wurde zunächst zum „Rückwandererlager“ für Jüdinnen und Juden aus dem Saargebiet, der Pfalz sowie aus Baden umfunktioniert. An der Westgrenze des Deutschen Reiches tobte bereits der Krieg, weshalb die Nationalsozialisten die dort lebende jüdische Bevölkerung vorläufig in sichere Gegenden „evakuierte“, um sie später wieder in ihre Heimat zurückzubringen. Nach der Rückkehr in ihre Heimat erwartete die Jüdinnen und Juden allerdings häufig die Deportation. Die Trauerhalle diente darüber hinaus als „Alten- und Siechenheim“. In Wahrheit handelte es sich dabei um ein Sammellager für die Deportationen in die Vernichtungslager. Später im Krieg wurde das Gebäude als Wohn- und Arbeitslager sowie in der Funktion eines Sammellagers für sogenannte „jüdische Mischlinge“ genutzt.
Zwischen 1942 und 1945 gingen insgesamt sechs Transporte mit jüdischen Kindern, Frauen und Männern in die Vernichtungslager. Über 300 jüdische Hallenser:innen verloren ihr Leben in den Konzentrations- und Arbeitslagern des NS-Regimes.
Heute wird das Gebäude wieder als Trauerhalle durch die Jüdische Gemeinde genutzt. Daneben befindet sich der heutige jüdische Friedhof.
Links: Bauliche Reste des Eingangs der Synagoge am Großen Berlin Anfang der 1960er Jahre (Zustand nach der Zerstörung 1938). Fotograf unbekannt. Stadtmuseum Halle.
Rechts: Bestätigung zur Übernahme von Blei, Zink, Messing und Zinn von und aus der in der Pogromnacht 1938 zerstörten Synagoge. Die Firma Paul Mende übernimmt am 23.3.1939 das Material. Stadtmuseum Halle (Nachlass Gudrun Goeseke)