„Ma towu ohalecha Jaakow“ (Wie schön sind deine Zelte, Jakob) ist der Anfang eines Gebets, das beim Betreten der Synagoge gesprochen wird, und findet sich deshalb als Inschrift über vielen Synagogenportalen. Die Vertonung durch Louis Lewandowski für vierstimmigen Chor, Kantorensolo und Orgelbegleitung ist eines der berühmtesten Werke des Komponisten, der seit ihrer Eröffnung Dirigent der Neuen Synagoge Berlin war. Großgeworden in der polnisch-jüdischen Tradition, als Jugendlicher nach Berlin gekommen und von Alexander Mendelssohn gefördert, wird Lewandowski als erster Jude in der Berliner Akademie der Künste immatrikuliert und später als „Mendelssohn der Synagogenmusik“ gefeiert. Er steht wie kein anderer für die musikalische Reform des Gottesdienstes, aber auch für eine Synthese der mündlich überlieferten jüdischen Gebetsgesänge (Mittel-)Osteuropas und der Musik der europäischen Romantik. Dass in der Neuen Synagoge – entgegen der Tradition, keine Musikinstrumente in einer Synagoge erklingen zu lassen – eine Orgel eingeführt wurde, ging u.a. auf ein Gutachten Lewandowskis zurück, der zu diesem Zeitpunkt bereits seit über 20 Jahren Chordirigent der Berliner Jüdischen Gemeinde war. Lewandowskis Kompositionen sind beispielhaft für die vielen Fäden von der Neuen Synagoge in die Welt: Generationen von Kantor:innen wuchsen mit ihnen auf, sie erklingen noch heute in den liberalen und konservativen Synagogen und in den Konzerthäusern auf dem Globus.
Zeitstrahl Berlin
- ↑ Liberales Judentum: Von Deutschland und Berlin in alle Welt – 1895
- ↓ Einweihung der Neuen Synagoge Berlin im Jahr 1866 – 5. September 1866