Seit 1820 sind auf Norderney auch jüdische Badegäste nachzuweisen. Ihre steigende Zahl führte dazu, dass während der Badesaison erste Händler und Küchen ein Geschäft auf der Insel eröffneten bzw. koschere Speisen anboten. 1845 eröffnete der Schlachter Abraham von der Wall sein jüdisches Restaurant und ließ sich auf der Insel nieder. Für jüdische Badegäste wurde 1878 im Beisein des preußischen Finanzministers die Synagoge in der Schmiedestraße (heute „De Leckerbeck“) eröffnet. Jüdische Badegäste bevorzugten bis 1933 Norderney, was dem Seebad den Ruf eines „Judenbades“ einbrachte – so bezeichnet wurden auch Westerland/Sylt und Heringsdorf/Usedom. 1933 sollte Norderney nun ein „deutsches Bad“ werden, worauf nach den Jahrzehnten der Akzeptanz und Toleranz die Ausgrenzung jüdischer Badegäste und Einwohner:innen einsetzte.
Mit der Ausstellung „Juden auf Norderney“, konzipiert vom Stadtarchiv Norderney, sollten erstmals jüdisches Leben, der Beitrag von Juden und Jüdinnen an der Entwicklung des Nordseebades sowie die Maßnahmen der Ausgrenzung und Vernichtung des Judentums auf Norderney einer größeren Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Ausstellung war Chaim Bar-Tikva gewidmet, der als Heinz Hoffmann auf Norderney seine Kindheits- und Jugendjahre verbrachte, in Haifa/Israel lebt, und der letzte Überlebende der Norderneyer Juden war. Die Ausstellung wurde vom 19. Dezember 2006 bis zum 13. Mai 2007 im Museum Nordseeheilbad Norderney gezeigt.
Aus einem Bericht im „Ostfriesischen Kurier“ vom 21. Dezember 2006 über die Ausstellung „Juden auf Norderney“:
„Flucht nach Palästina. Ausstellung über Juden auf Norderney im Bademuseum. Im Mittelpunkt steht Chaim Bar-Tikva, der 1936 noch Heinz Hoffmann hieß und nach Palästina emigrierte. ‚Es geht nicht um Schuld und Sühne‘, sagt der Norderneyer Stadtarchivar zu der Ausstellung ‚Juden auf Norderney‘ im Bademuseum, die jetzt eröffnet wurde. Sie wird bis Ende April gezeigt. Bis zum 7. Januar können sich Interessierte sogar täglich von 11 bis 16 Uhr darüber informieren, wie jüdische Mitbürger auf der so genannten ‚Judeninsel‘ lebten, bis auch sie ausgegrenzt und vernichtet wurden. ‚Akzeptanz – Ausgrenzung -Vernichtung‘ heißt entsprechend der Untertitel. Bei der Eröffnung erinnerten Friedrich Fischer, Vorsitzender des Fördervereins Museum Nordseeheilbad Norderney, und der Norderneyer Stadtarchivar Manfred Bätje daran, dass sich Norderney im 19. Jahrhundert einen Namen als ‚Judenbad‘ erworben hatte. Bei der Einweihung der Synagoge in der Schmiedestraße (heute ist dort das Restaurant Leckerbeck) war gar der preußische Justizminister zugegen gewesen. Von jüdischen Gästen bevorzugt wurde ‚Hoffmann’s Hotel Falk‘, das zu den größten und bekanntesten jüdischen Beherbergungsbetrieben an der deutschen Nordseeküste gehörte. Die Großeltern von Heinrich Hoffmann, dem letzten noch lebenden Norderneyer Juden, hatten den großen Hotelkomplex mit 80 Zimmern vor rund 100 Jahren erbaut, nachdem sie 1905 das von ihnen in einem ehemaligen Wohnhaus an der Bismarckstraße 4 eingerichtete Hotel Falk abreißen ließen. Es wurde nach dem Krieg als ‚Düsseldorfer Hof‘ betrieben und verkam zu einer Bauruine. An die vergangene Pracht und die zerstörte jüdische Kultur auf Norderney erinnern heute nur noch historische Aufnahmen, die in der Ausstellung gezeigt werden. Bätje und der Förderverein widmeten sie Heinz Hoffmann, der heute Chaim Bar-Tikva heißt und am 6. November in Haifa seinen 90. Geburtstag feierte. Er kam in Schreiberhau, einem kleinen schlesischen Kurort im Riesengebirge, als Sohn von Julius und Clara Hoffmann zur Welt und zog 1921 mit seinen Eltern nach Norderney. Dort betrieben die Geschwister Julius, Fritz und Johanne Hoffmann gemeinsam ‚Hoffmann’s Hotel Falk‘. 1933 musste Julius Hoffmann, der im öffentlichen Leben Norderneys eine bedeutende Rolle spielte und die Synagoge verwaltete, alle öffentlichen Ämter niederlegen. Daraufhin verließ die Familie Norderney. Heinz Hoffmann emigrierte 1939 nach Palästina und arbeitete 30 Jahre lang bei einer israelischen Schifffahrtsgesellschaft. Er hat den Kontakt zu Norderney aber nie abgebrochen. 2004 besuchte ihn Ingeborg Pauluhn, deren Buch über die Geschichte der Norderneyer Juden der Ausstellung zugrunde liegt.“
Zeitstrahl Norderney
- ↑ Eröffnung von 7Places – 9. November 2020
- ↓ Gedenktafel wird angebracht – 9. November 1988