Der „Juden-Boykott“ in Ruppichteroth

Am 1. April 1933 fand der reichsweite Boykott jüdischer Geschäfte statt. Auch vor dem Laden des jüdischen Metzgers Hermann Gärtner waren an diesem Morgen SA-Männer postiert, um die Leute davon abzuhalten dort einzukaufen. Hermann Gärtner ertrug diese Demütigung nicht, betrank sich aus Verzweiflung in den umliegenden Gaststätten und erzählte später einem Nachbarn, er habe gehört, dass in Marburg von Nazis misshandelte Juden im Krankenhaus lägen. 

Drei Tage später saß Hermann Gärtner in „Schutzhaft“, weil er angeblich „Gräuelmärchen“ über die Partei verbreitet habe und ihn womöglich „der gerechte Zorn“ der Parteigenossen treffen könne. Am 7. Juni 1933 wurde er vor dem Sondergericht Köln zu zehn Monaten Haft wegen Vergehens gegen § 3 der „Verordnung zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung“ verurteilt. Alle Gnadengesuche wurden abgeschmettert, er musste die komplette Haftzeit absitzen. 

Für die Familie war es eine traumatische Erfahrung alle Sicherheiten zu verlieren. Das Geschäft brach ein, der 16-jährige Sohn Paul und der 90-jährige Vater Simon Gärtner waren ohne Versorger, die schwangere Tochter Irma Tobias dachte gar an Selbstmord. Für Hermann Gärtners Kinder war danach klar, dass es für sie keine Zukunft in Deutschland geben konnte. Sie verließen ihre Heimat. 

Im Frühjahr 1938 floh Hermann Gärtner nach einer Warnung in die Niederlande. Eine Ausreise zu seinen Kindern in die USA gelang nicht mehr. Im September 1942 wurde er über das Lager Westerbork nach Auschwitz deportiert und ermordet. 

Links: Die Metzgerei von Hermann Gärtner

Rechts: Hermann Gärtner

Quelle: Rob Tobias

Zeitstrahl „Landjuden an der Sieg“

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