Norderney nach der sogenannten Machtergreifung

Um den „Makel“ des „Judenbades“ loszuwerden, versuchten nach der NS-Machtübernahme die lokalen Behörden nun gezielt – vor allem über die Presse – Juden vom Kurbetrieb fernzuhalten; dies gelang bereits 1934/1935 weitgehend. Vor 1933 ging der „Bäder-Antisemitismus“ in erster Linie von Kur- und Badegästen aus, die auf die Vermieter einwirkten und auf die Badeverwaltungen Druck ausübten. Manche Seebäder und Vermieter wählten den Zusatz, ein „christliches“ Bad oder Hotel zu sein, um sich von der Konkurrenz abzusetzen und besonders nationalkonservative und klerikal denkende Menschen als Gäste anzuwerben. Nach 1933 ging die Initiative zur Ausgrenzung jüdischer Badegäste zuerst von den Funktionären der örtlichen NSDAP aus. Mit dem erzwungenen Wechsel im Bürgermeisteramt und der Leitung der Badeverwaltung sowie mit der Ausschaltung der Opposition im Landkreis und im Gemeinderat änderten sich die politischen Verhältnisse auf Norderney allerdings sehr schnell. In Zeitungen wurde durch die Badeverwaltung verbreitet, dass Juden und Jüdinnen nicht mehr nach Norderney reisen sollten.

Besonders eine Kundgebung im Juli 1933 mit dem preußischen Kultusminister Bernhard Rust (1883–1945) beschleunigte die Vertreibung der jüdischen Einwohner:innen von ihrer Heimatinsel bzw. ließ einen Aufenthalt im beliebten Urlaubsort nicht ratsam erscheinen. „Soll auf Norderney der Jude herrschen, oder soll auf dieser schönsten Nordseeinsel sich wieder der deutsche Mensch heimisch fühlen (…)? Die Zeit, wo Norderney Hochburg des Judentums war, ist vorbei“, so Rust in seiner Ansprache. Bereits zur Saison 1933 reisten jüdische Gäste kaum mehr an, viele Beherbergungsbetriebe, Restaurants und Geschäfte blieben geschlossen. Bis 1935 waren in jüdischem Besitz befindliche Häuser „arisiert“ worden. Jüdische Einwohner:innen verließen die Insel, emigrierten ins Ausland und fanden in Palästina, und nach der Staatsgründung in Israel ein neues Zuhause oder wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Ihre Namen finden sich zum Gedächtnis auf einem Denkmal auf dem jüdischen Friedhof in Norden und auf „Stolpersteinen“ in den Straßen Norderneys.

„Norderney einst und jetzt!“ Abbildung in „Reise und Erholung. Bäderbeilage West- deutscher Beobachter“. 3. Jahrgang, Nr. 25, 11.07.1935. Quelle: Stadtarchiv Norderney.

Zeitstrahl Norderney

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