Der Norddeutsche Rundfunk setzt sich für die Erhaltung des Ortes Auschwitz ein 

Am 19. November 1998 berichtete NDR-Redakteurin Patricia Schlesinger im Magazin „Panorama“ über die Verwendung von Spendengeldern, die Zuschauer der ARD über mehrere Jahre hinweg für den Aufbau und Erhalt der KZ-Gedenkstätte Auschwitz gespendet hatten.

„Der Fall des Eisernen Vorhangs öffnet auch Wege zurück in das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Der Norddeutsche Rundfunk war einer der ersten Sender, die über das Museum berichtete, das die Gedenkstätte Auschwitz organisiert und rief 1992 zum Erhalt des historischen Ortes Auschwitz auf. Das ehemalige Konzentrationslager drohte zu verfallen. Über Jahre hatten Zuschauer*innen gespendet – insgesamt knapp drei Millionen Mark. 1996 wurde berichtet, was mit dem Geld geschehen war. Mehr als fünfzig Jahre ist es nun her, daß sie hier ermordet wurden: Juden, Polen, Zigeuner, vergast, verbrannt und ausgelöscht. Die meisten der Häftlingsbaracken sind längst verfallen. Nur die Schornsteine stehen noch. Wir treffen Jozef Matinya. Er hat überlebt. Helfen konnte er keinem seiner Mitgefangenen. Aber seit mehr als fünfzig Jahren kämpft er dafür, daß die Toten von Auschwitz wenigstens nicht vergessen werden. Das, so denkt er, sind wir alle ihnen schuldig. Jozef Matinya zeigt uns eine der mit Spendengeldern restaurierten Baracken. Die Balken und die Pritschen wurden imprägniert. Auch die Inschriften der Mörder bleiben so erhalten – Sauberkeit und Gesundheit. Die Schilderungen der Überlebenden konnten dank der Spendengelder aufgeschrieben und in einem Register erfaßt werden.“

– Patricia Schlesinger, Redakteurin und Moderatorin „Panorama“ NDR

„Gegen das Vergessen” – Bilanz einer NDR-Spendenaktion für Auschwitz, NDR/Panorama, 19. November 1998

„Wir freuen uns natürlich ganz praktisch, daß wir viele konservatorische und andere Arbeiten realisieren konnten. Aber manchmal wichtiger, würde ich sagen, für uns ist: wissen, daß so viele Leute sich mit dem Thema Auschwitz nach mehr als fünfzig Jahren noch so intensiv beschäftigen. Das bedeutet für uns eine Art der moralischen Unterstützung.“

– Krystyna Oleksy, Vizedirektorin der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau 

„Jozef Matinya geht mit uns ins Stammlager. Hier war seine Zelle. Auch die Steinbaracke wurde restauriert, beherbergt jetzt Büros und Archive. Jozef Matinya will uns die Fotolabore zeigen, das ist ihm sehr wichtig. 40.000 Fotos sind in Auschwitz erhalten, 40.000 von Millionen. Weil ihre Zerstörung meist nicht mehr zu stoppen ist, werden sie abfotografiert, für Wissenschaftler und Angehörige. Die Gesichter von Auschwitz. Diese Mikrofilmkamera wurde zur Hälfte mit Spendengeldern gekauft, die andere gab das Holocaust-Museum in Washington dazu. Persönliche Post, Listen, alle wichtigen Dokumente werden für die Nachwelt erhalten. Für Jozef Matinya sind die Fotos von unschätzbarem Wert. Es ist, als ob die Vergangenheit ihn anschaut: Jozef Matinya, 18 Jahre alt.“

– Patricia Schlesinger

„Nichts kann den Schrecken oder die Verbrechen, die hier geschahen, wirklich wiedergeben“, sagt er, „nicht mal fünfzig Prozent davon kann man nachträglich erfassen. Aber diese Gegenstände müssen als Beweise erhalten bleiben. Ich bin jetzt zum 30. Mal in Auschwitz, aber es greift mich immer wieder an. Die Jugend muß begreifen, was hier geschah.“

– Jozef Matinya, ehemaliger Häftling

„Die Koffer. Viele Menschen hatte man damals einfach aus ihren Häusern gezerrt, den meisten erzählt, sie würden an einen Ort im Osten gebracht, wo es ihnen besser gehen würde. Sie packten und reisten in den Tod. Die Koffer werden jetzt konserviert, jedes Gepäckstück einzeln, je nach Material, Zustand und Alter. Rund 100.000 Schuhe gibt es noch in Auschwitz. Sie verrotteten in Räumen ohne Klimaanlage bei großen Temperaturschwankungen. Lange konnte man sie nicht konservieren, weil das Geld fehlte. Jetzt, ermöglicht durch die Spenden, werden sie einzeln katalogisiert und vor dem Verfall bewahrt. Für Jozef Matinya sind sie das Schlimmste, besonders die Schuhe der in Auschwitz getöteten Kinder. ,Immer, wenn ich diese Schuhe sehe‘, sagt Jozef Matinya, ,habe ich wieder die vielen Frauen und Kinder vor Augen, die von der Rampe direkt in die Gaskammern geführt wurden. Es ist richtig und wichtig, das alles zu erhalten. Ich bin froh, daß das jetzt möglich ist.’“

– Patricia Schlesinger

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