In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 drang zuerst ein SA-Trupp in die Synagoge ein. Eine weitere Gruppe aus hochrangigen Parteifunktionären, Mitgliedern der Stadtverwaltung und Vertretern der Wirtschaft stieß dazu und brachte Sägespäne als Zunder mit. Die Männer verwüsteten den Innenraum und steckten die hölzerne Einrichtung mit Benzin in Brand. Die Feuerwehr schützte lediglich die benachbarten Häuser vor einem Übergriff der Flammen. Auch die Polizei schritt nicht ein.
Nach Mitternacht drangen vier Mitglieder der NSDAP in die Wohnung des ehemaligen Kulturkritikers der „Bergischen Arbeiterstimme“ Max Leven ein. Sie verwüsteten die Wohnung und bedrohten das Ehepaar Leven. Armin Ritter, Hausmeister der benachbarten AOK, zog schließlich eine Pistole und schoss dem bettlägerigen Max Leven in den Kopf. Danach ließen die Männer die völlig verstörte Ehefrau Emmy allein mit dem Sterbenden zurück.
SA, SS und NSDAP-Mitglieder demolierten in der Nacht stadtweit Wohnungen und Geschäfte, auch von getauften Juden und solchen, die in „Mischehe“ mit christlichen Partnern lebten. In der Folgenacht wurde die Kapelle auf dem Jüdischen Friedhof zerstört. Die Presse berichtete von 32 Solinger Juden, die am 10. November in „Schutzhaft“ genommen wurden. 20 Männer sind namentlich bekannt. Sie wurden in die Kellerräume des Stadthauses an der Potsdamer Straße gesperrt. Elf von ihnen wurden am 17. November in das KZ Dachau bei München deportiert.
Links: Das Beerdigungsregister mit dem Eintrag für den Kommunisten Max Leven, der zwischenzeitlich aus der Synagogen- Gemeinde ausgetreten und Mitte der 1930er wieder eingetreten war, was mit der Bemerkung „Sein Leben war ein Irrgang; die Not führte ihn zu seiner Gemeinschaft zurück“ quittiert wurde. Darüber steht der Vermerk: „Die Leichenhalle wurde zerstört!!!“. Quelle: Stadtarchiv Solingen, Ve 44-2
Rechts: Max Leven mit seiner Tochter Hanna, Sohn Heinz, einem befreundeten Mädchen, Tochter Anita und Frau Emmi. Quelle: Stadtarchiv Solingen, RS 9298
Zeitstrahl Solingen
- ↑ Das Pogrom am Pfaffenberger Weg in Solingen – 13. Juli 1941
- ↓ „Juden-Boykott“ in Solingen – 1. April 1933